Für einen Kulturbeitrag vor Freunden habe ich ein PDF des Erzgebirgsliedes »Da Draakschenk« erstellt. Ihren Spottnamen erhielt die »Dreckige Schenke« in Breitenbach (Potůčky) angeblich von den Stiefeln einiger Fuhrleute. Derzeit strebt ein Tscheche die Wiedereröffnung des verfallenden Gebäudes an.
Es gibt eine überraschend modern wirkende Tonaufnahme des Urhebers Anton Günther aus dem Jahre 1929. Diese klingt eher nach kritischer Liedermacher-Tradition als nach üblichem Erzgebirgskitsch. Der als Lithograph ausgebildete Günther lebte in Gottegab (Boží Dar) und ist Erfinder der Liedpostkarte.
Lieblingsklänge
Eurovision Song Contest
Der Eurovision Song Contest (ESC, Grand Prix Eurovision de la Chanson) begeistert nur selten mit einem Lied aus diesem überwiegend englischsprachigem Schlagereinheitsbrei. Beim größten Musikwettbewerb der Welt geht es hauptsächlich um Performance. Dennoch mag ich den völkerverbindend gemeinten Gedanken der alljährlichen Veranstaltung. Allerdings müsste man dann derzeit Israel ebenso behandeln wie wie Russland.
Um 2004 herum hatte ich mehrmals länger mit meinen Kindern vor der Glotze zugeschaut. Eine Tochter entwickelte sich nach dem Sieg von Lordi zum Hardrock-Fan. Ebenfalls verdient fanden wir 2010 den Sieg der später zum IT-Girl verkommenen Lena Meyer-Landrut. In den Folgejahren erhielt Deutschland zurecht nur wenige Wertungspunkte. Da ist Isaak Guderians Beitrag diesmal der vielleicht beste seitdem. Meine beiden ESC-Highlights bleiben jedoch …
- Urban Symphony: Rändajad (Nomaden, 2009)
- Marija Šerifović: Molitva (Gebet, 2007)
Rusalka
Mit Martin in der Staatsoper (eine kleine Auswertung)
Hatte ich in diesem Jahrtausend überhaupt schon wieder mal die Staatsoper besucht?
Und wann hatte ich zuletzt »nur« mit Martin etwas unternommen?
Es waren sehr schöne Stunden miteinander.
Wir saßen genau auf den beiden obersten mittelsten Plätzen!
Die mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis eben!
Gleich an meinem allerersten Studientag 1980 war ich mit meiner Kommilitonin Petra aus Rheinsberg dort zu Giulio Cesare mit Peter Schreier am Dirigentenpult.
Später ging ich mehr in die Komische Oper oder ins Schauspielhaus.
Und nun hatte ich vor vier Monaten diese Plätze für den 18. 2. 24 gekauft.
Hier ein kritischer Radiobeitrag über die Berliner Inszenierung …

Beim letzten Theaterbesuch meines Vaters 2010
Antonín Dvořáks Rusalka würde ich immer noch als meine Lieblingsoper bezeichnen, gefolgt vielleicht von Webers Freischütz und Boitos Mefistofele. 2005 wurde die Rusalka-Filmversion von 1975 auf DVD veröffentlicht, die sich damals erstaunlicherweise die Kinder in Wilhelmshorst trotz der unverständlichen Sprache gleich in voller Länge reinzogen. Danach kam Rusalka auch »im Westen« allmählich in Mode, aber kaum als romantisches Naturmärchen inszeniert. Meistens finde ich das schade, allenfalls konnte mich noch die schrille Brüsseler Rusalka aus dem Jahre 2012 (zeitweise bei YouTube in voller Länge) überzeugen.
An den Sängern und dem Orchester gabs gestern nix zu meckern, wobei im internationalen Vergleich »Tschechoslowakinnen« schon einen gewissen Heimvorteil haben. Die Musik ist auf die tschechische Sprache abgestimmt, und da bin ich geprägt von der Schallplattenaufnahme mit Gabriela Beňačková aus dem Jahre 1984. Die Nixenstimmen dürfen nicht zu heldinnenhaft jammern, Renée Fleming beispielsweise halte ich für eine Fehlbesetzung. Einen vielversprechenden lyrischen Sopran hatte Patricia Janečková, sie starb vor einem halben Jahr mit 25 Jahren.
Flamencojazz
Die Bezeichnung Flamencojazz sei nicht sehr geläufig, meint das Internet. Und doch gibt es Musik, bei der mir dieses Wort sofort in den Sinn kommt.
- Ein Meilenstein dieses Flamencojazz war zweifellos die Suite Jazzpaña 1992. Der 65 Minuten lange Ausflug der von Vince Mendoza geleiteten WDR Big Band mit Stargästen wie Ramon El Portugues in die Welt des Flamenco ist noch immer unübertroffen. Lebhaft und lebensfroh, mit einigen eingängigen Ohrwurm-Passagen, teilweise sogar tanzbar.
- Jazzpana II und Jazzpana Live in kleineren Besetzungen unter Gerardo Nuñez an der Gitarre fallen deutlich ab. Das gelungenste Projekt in der direkten Nachfolge ist eher das von Chano Domínguez komponierte Soleando 2015. Vince Mendoza dirigiert wieder die WDR Big Band.
- 2022 hat mich die öffentlich weniger wahrgenommene kammermusikalische Flamenco Odyssey von Christos Tzifakis begeistert. Ein rein griechisches (!) Septett mit einem eher auf weiche Harmonien abgestimmten Stereo-Klang ohne Gesang.
Peter Green
Solche Hitlisten wie »The 250 Greatest Guitarists of All Time by Rolling Stone« können nicht objektiv sein. Es gibt keine messbaren Kriterien. Und mancher Stümper verbreitet vielleicht mehr Gefühl als mancher Perfektionist.
Nach dem Tod von Peter Green am 25. 7. 2020 möchte ich aber doch einmal meine Favoriten im Gitarristenhimmel auflisten. Dabei geht es um die Handhabung der Instrumente. Nicht jeden Titel dieser Top 5 finde ich supertoll. Greens wichtigste Kompositionen (Black Magic Woman, Albatros, Man of the World, Green Manalishi) entstanden innerhalb der kurzen Zeitspanne von 1968 bis 1970. Seine relaxte Spielweise geht selbst in Endlosschleife nie auf die Nerven. Dudelt bei mir über den saudischen Webkanal YouRadio manchmal stundenlang. Rest in Peace!
2020 starben auch die Musiker Joe Porcaro, Little Richard, Spencer Davis, Leslie West, Ken Hensley und Lee Kerslake, László Benkő und Tamás Mihály, …

Bob Brozman 2010
(Fotoausschnitt aus der indonesischen Wikipedia, Lizenz CC BY-SA 2.0)
Der Platz 1 von Hendrix im Gitarristenhimmel ist weitgehend Konsens. Er und vor allem Paul entwickelten auch die E-Hardware weiter. Gallagher hatte ich selbst gerade noch am 5. 12. 1994 beim Konzert in Berlin erlebt. Außer Konkurrenz spielt Narciso Yepes (1927-1997) auf seiner zehnseitigen Konzertgitarre klassische Musik. Brozman taucht fast nie (natürlich jetzt zurecht bei mir) in derartigen Listen auf. Er war halt mehr Musikethnologe als Rocker.
- Jimi Hendrix (1942–1970)
- Bob Brozman (1954-2013)
- Les Paul (1915–2009)
- ziemlich gleichberechtigt Peter Green (1946–2020) und Rory Gallagher (1948–1995)
Hits der DDR
Auch wenn die in Ostdeutschland produzierte Jugendmusik manche Perlen enthielt, gab es in Ungarn (Omega, Bergendy, Kormorán, Piramis, Dinamit, Karthago, »István, a király«, …) und Polen (Czesław Niemen, Breakout, Skaldowie, Budka Suflera, Dżem, Anawa, …) mehr Auswahl nach meinem Geschmack. Ich finde nur wenige in der DDR erschienene Rock-Schallplatten, die keine völlig verzichtbaren Stücke enthalten. Folgend meine Favoriten unter den bis 1990 produzierten Original-Vinyls, dann herausragende einzelne Titel.
- Transit: Bernsteinhexe (1982)
- Hermann Naehring: Großstadtkinder (1985)
- die drei Alben von Jürgen Kerth (1978, 1980, 1982)
- Walter Kubiczeck: Das unsichtbare Visier (1979, Filmmusik)
- Horst Krüger Band: Tagesreise, Sieh mal an, Rosenpflücken
- Puhdys: Zeiten und Weiten, Sommernacht, Ikarus
- Ruth Brandin und die Sputniks: Mich hat noch keiner beim Twist geküsst
- Reinhard Lakomy: Heute bin ich allein, Liebe im Wald
- Nautiks: Auf dem Abstellgleis
- Electra: Weil deine Seele brennt
- Uve Schikora Combo: Das Gewitter
- Kreis: Doch ich wollte es wissen
Kult waren auch die Kinderlieder von Gerhard Schöne und die Chansons von Uschi Brüning, einen typischen Ossi-Geist atmen zudem noch einige nach der sogenannten Wende entstandene Songs.
- Gerhard Gundermann: Straße nach Norden
- Tino Eisbrenner: Indianerland
Kanadadischer Boogierock
The Guess Who in wechselnden Besetzungen und ihre Live-Auftritte waren wohl fast immer allererste Sahne. Eine CD-Sammlung nur mit den Studio-Alben kann das nicht widerspiegeln. Das Paramount-Konzert 1972 gehört wohl zu den besten Live-Alben überhaupt (74 min: Burton Cummings, Kurt Winter, Garry Peterson, Don McDougall, Jim Kale). Mit einer Langversion ihres größten Hits (17 min American Woman) und einem verrückt-spontanen Übergang zum nächsten Stück. Im Jahre 2000 gab es eine Revival-Tour mit ähnlicher Titelauswahl auf CD (68 min: Burton Cummings, Randy Bachman, Garry Peterson, Don McDougall, Bill Wallace).
Cal Tjader
Callen Radcliffe Tjader war DER Vibraphonist des Latin Jazz. Eher ein zuverlässiger Bandleader als ein frecher Innovator. Virtuos, locker, swingend, anheimelnd, … Engländer würden das vielleicht sophisticated nennen. Meine drei Favoriten unter den mir bekannten Platten sind zwei asiatisch angehauchte 1963 (Several Shades of Jade, Breeze from the East) und ein Konzertmitschnitt 1976 aus San Francisco (Grace Cathedral Concert).
Beatles Cover
Die Beatles werden tausendfach nachgespielt, doch ich kenne darunter bisher nur drei ihrer Musik ebenbürtige Tonkonserven:
- Mike Westbrooks Oktett »erweiterte« beim Willisau Jazz Festival 1989 die beste Platte der Beatles (Abbey Road, 44 min) unter Beibehaltung der Titelfolge durch teilweise schrille Improvisationen (Off Abbey Road, 74 min live), der Spaß steckt an.
- Eher Stilparodien als Coversongs produzierten die Rutles ab 1975, ihre Alben erschienen 1978 und 1996.
- Das Filmmusical »Across The Universe« 2007 verwendete nostalgisch rückblickend ausschließlich Kompositionen der Beatles, mit großem Respekt eingespielt. Oft softer als die Originale, aber nie kitschig. Eigentlich mag ich weder A-capella-Anfänge noch Ritardando-Schlüsse, aber hier passt alles.