ein lieblicher Kalksteinhügel mit bunten Blümchen und phantastischem Rundblick, früher Sitz der Jungfrauen-Mörderin Elisabeth Báthory

Einzelne Rezensionen (chronologisch abwärts)

Extraseiten gibt es für Artikel mit speziellem Bezug
-  zum Erzgebirge,
-  zur Slowakei,
-  zu Mittelpolen (die Region um Posen, Thorn und Bromberg),
-  zu Moldova (Republik Moldau, ehemalige Sowjetrepublik Moldawien)

EU-Gipfel

Höhepunkte im wahrsten Sinne des Wortes
    Wolfgang Machreich 2016, Traveldiary Verlag Magdeburg, ISBN 978-3-9443-6587-9
    Vieles könnte man in dieser Rezension auch über das politische Gebilde EU schreiben. 2012 erhielt die Europäische Union den Friedensnobelpreis. Seitdem hat sie sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert.
    Auch aus einem weiteren Grund reagierte ich beim ersten Blick auf das Cover skeptisch, denn Superlative im Tourismus werden oft recht krampfig konstruiert und sind für mein eigenes Reiseverhalten eher irrelevant. Aber Wolfgang Machreich meint wirklich objektiv und überprüfbar die höchsten Berge der derzeitigen EU-Länder! Eine geniale Idee!
    Dabei geht er sogar so weit, die offiziellen Höhenangaben kritisch in Frage zu stellen. Die Kapitel sind aufsteigend sortiert, das Buch führt also von niedlichen Hügeln Dänemarks bis auf sportlich herausfordernde Alpenspitzen. Lediglich der Höhepunkt Zyperns blieb dem Autor versperrt, dort befindet sich eine Militärstation. Die Herangehensweise bringt es auch mit sich, dass große schöne Gebirge wie die Pyrenäen außen vor bleiben. Manchmal wären sicher ein paar lockere Sätze mehr möglich gewesen, 200 Seiten für 28 bebilderte Erlebnisberichte sind recht knapp. Vielleicht gibt es irgendwann einen Ergänzungsband?
    Wolfgang Machreich kommt sympathisch rüber, man wünscht ihn sich als Wanderkumpel.

Holland mit Kindern / Ostseeküste mit Kindern

Fleißiger Pioniergeist schafft eine neue Buchreihe
    Monika Diepstraten: Hollands Küste mit Kindern (von Zeeland über Amsterdam bis zum Wattenmeer)
    Peter Meyer Verlag Frankfurt/Main 2015, ISBN 978-3-8985-9452-3   
    Karolin Küntzel: Ostseeküste Rügen mit Kindern (zwischen Rostock und Swinemünde)
    Peter Meyer Verlag Frankfurt/Main 2016, ISBN 978-3-8985-9454-7
    Erlebnisse bei einem Urlaub mit Kindern werden im wesentlichen von den Kindern bestimmt. Das weiß jedes engagiertes Elternteil. Nur sehr vereinzelte Reiseratgeber auf dem Buchmarkt griffen entsprechende Bedürfnisse bisher gezielt auf. Nun endlich tauchte eine entsprechende Buchreihe auf. Da kann man als Autor nicht einfach bei kostenlosen Infobroschüren oder gar Konkurrenten abschreiben. Da muss man wirklich jeden Ort auf Kinderkompatibilität abklopfen. Die resultierende Fülle an konkreten Vorschlägen dürfte dann wirklich für jeden Familienurlaub in der entsprechenden Gegend reichen. Die Auswahl aus den Büchern sollte man aber in unserer beschleunigten Zeit mit aktuellen Internet-Angaben überprüfen.
    In Relation zu den üblichen Urlaubsausgaben sind Bücher dieser handlichen Reihe eine lohnenswerte Investition!

The Human Scale, DVD

Ein sträflich vernachlässigtes Thema
    Andreas Dalsgaard 2012, Veröffentlichung 2014 von EuroVideo-Filmcontact
    englisch, deutsche Untertitel optional
    Der 2012 produzierte, handwerklich hervorragend gemachte Film verbreitet Optimismus, dass die Rettung der Menschheit vor den Menschen noch gelingt.
    Im Zentrum steht Jan Gehls Firma aus Kopenhagen, welche (Insidern hierzulande spätestens seit Hermann Knoflachers Arbeiten vor 20 Jahren bekannte) Prinzipien einer nicht auf das Auto fixierten Verkehrsplanung und Raumgestaltung weltweit anzuwenden versucht. Viele Beispiele zeigen, dass eine Reduzierung des Autoverkehrs (nach einer gewissen Umgewöhnung) meistens als Erhöhung der Lebensqualität wahrgenommen wird. Mitunter passiert es sogar, dass man bei einer Aufteilung des Straßenraumes im Sinne Gehls seine geographischen Ziele schneller als bisher erreicht. Es geht nicht um eine Verteufelung einzelner Verkehrsmittel, sondern um ein intelligentes Verständnis von Mobilität.
    Technik: Bild und Ton auf höchstem Niveau, allerdings die Untertitel etwas ausgefranzt, sinnvolle Gliederung.
    Inhalt: Zukunftsfähige, offensichtlich noch viel zu unbekannte Betrachtungsweise der Infrastruktur.
    Ansprache: Für Laien vielleicht zu wenig Unterhaltung, für Profis zu wenige Details. Brav und seriös, die finanzkräftige Lobby der Autowirtschaft (Hersteller, Straßenbauer, Ölkonzerne, ...) wird zu sanft angefasst. Man vergleiche, wie oft sich der ADAC mit Halbwahrheiten in Wahlkämpfe einmischte.
    Wer kann damit erreicht werden? Kluge Politiker und andere Entscheidungsträger? Das wäre überaus wünschenswert!

Reaching Places High Above, CD

Der slowakische Progrock sendet Lebenszeichen
    Veröffentlichung 2013, Vertrieb über CDBaby
    Sogenannter progressive Rock oder schon symphonic Metal? Egal! Hat außer dem Wortspiel jedenfalls nichts mit "Persona Non Grata" zu tun!
    Jedenfalls ein beeindruckendes Debüt-Album von 47 Minuten Spielzeit aus Bratislava. Gehört sicher zu den besten Platten des Jahres 2013 überhaupt. Einige Vorbilder nennt das Sextett selbst auf seiner Website (Yes, Jethro Tull, Dream Theater, Meshuggah, Muse). Virtuos und vielschichtig. An Ideen mangelt es bei dieser Tour de Force nicht. Vielleicht schon zu komplex für die heutige Jugend.
    Eine Hälfte der Besetzung hat seitdem gewechselt. Geblieben sind neben dem Chef Martin Stavrovský der Bassist und der Schlagzeuger. Man darf gespannt sein auf den weiteren Weg. Die erste Demo des geplanten Nachfolge-Albums klingt leider schlagerhafter.

Das albanische Öl, Roman

Spannendes Kapitelchen der Weltgeschichte
    Anila Wilms 2012, Transit Verlag Berlin, ISBN 978-3-88747-279-5

    Jedem Balkan-Interessieren zu empfehlen, habe insgesamt knapp fünf Stunden gebraucht.
    Die Autorin schildert die Wirren der albanischen Gesellschaft 1924, also zur Entstehungszeit eines albanischen Nationalstaates in den heutigen Grenzen. Aber die Politik war damals auch nicht anders als heute, sie wird hinter den Kulissen in erschreckendem Maße von ökonomischen Interessen und persönlichen Eitelkeiten bestimmt. Die Namen einiger Politiker sind geändert (Fuad Herri = Ahmet Zogu, Bischof Demostenes = Fan Noli, ...), wohl um die Personenzeichnung etwas privater als durch Dokumente belegt gestalten zu können. Roter Faden ist ein Doppelmord in einer für ihre großzügige Gastfreundschaft bekannten Region, der nie restlos geklärt wurde.
    Die Autorin schrieb das Buch selbst in deutscher und in albanischer Sprache mit leicht abweichendem Inhalt, weil man ja in beiden Ländern unterschiedliches Allgemeinwissen voraussetzen kann, eine sympathische Herangehensweise.

Mythos Wald, DVD

Ein Jahresablauf aus faszinierenden Blickwinkeln
    Jan Haft 2009, NDR-Naturfilm, Veröffentlichung 2011
    Audiokommentar deutsch oder englisch
    Die Scheibe zeigt den Ablauf von Januar bis Dezember auf größtenteils bayerischen Mittelgebirgs-Waldflächen in 2 x 45 Minuten, angereichert durch nicht alljährliche Ereignisse wie ein Feuer nach Blitzschlag. Zeitraffer und Zeitlupe, für normale Wanderer eher ungewöhnliche Perspektiven und auch für erfahrene Filmer sicher schwierige Lichtverhältnisse. Sehenswert!

Das neue Europa, 3 DVDs

Neun sehenswerte Stunden
    Michael Palin 2006, BBC-Reportage, Veröffentlichung für den deutschsprachigen Markt 2012 von justbridge entertainment
    Unter Michael Palins letzten Reisedokus ist "Das neue Europa" für mich besonders interessant. Das ehemalige Mitglied von Monty Python bereiste 2006 die Osthälfte Europas (mit einem Abstecher nach Kappadokien). Die Länderauswahl entspricht auch meinem Begriff vom "neuen Europa". Eine DVD-Version gibt es seit 2012. Beim derzeitigen Tempo der politischen Entwicklungen auf der Welt ist manches schon überholt. Aber jede Doku kann natürlich nur den Stand zum Zeitpunkt ihrer Produktion wiedergeben.
    Palin ist nicht auf ein typisches Touristenprogramm aus. Er will die Befindlichkeiten der Bewohner wirklich verstehen. So schnell ändern die sich nämlich auch wieder nicht.
    Bild- und Tonqualität sind ohne Makel. Die Steuerung über PC-Programme ist dagegen etwas gewöhnungsbedürftig. Man kann sich alles im gut verständlichen Original anhören oder mit deutscher Reporterstimme. Untertitel gibt es nicht.
    Angesichts der Materialfülle (7 Folgen zu je 55 min + 150 min Bonus) ein Angebot zu einem derzeit sehr fairen Preis. Anschauen und in den Osten aufbrechen!

Die Geschichte der Utopie

Ein wirklich schönes Buch
    Gregory Claeys 2011, Konrad Theiss Verlag Stuttgart, ISBN 978-3-8062-2481-0
    Ein chronologischer Überblick über Utopien einschließlich Dystopien wird gegeben, alle einflussreichen "Spinnereien" der Menschheitsgeschichte scheinen erwähnt zu sein, und ich wurde auf einige mir bisher unbekannte aufmerksam gemacht. Es will nicht mehr sein als ein Überblick und beabsichtigt auch keine vordergründige Polemik gegen aktuelle Zustände, es ist Sache des Lesers, einzelne Utopien auf wünschenswerte beziehungsweise umsetzbare Aspekte zu prüfen. Besonders gefällt mir das geschmackvolle Seitenlayout mit etwa 40 "Kurzbiographiekästchen" zwischen dem Fließtext, was dazu beträgt, mit Spaß zu lesen.
    Jedenfalls gefällt es mir besser als die "Geschichte der legendären Länder und Städte" des berühmten Umberto Eco, dort fehlt einfach der rote Faden, das Material wirkt viel willkürlicher zusammengestellt. Eine sinnvolle Ergänzung des Stoffs bietet Marc Engelhardts Buch "17 Beispiele einer besseren Welt", wo klein dimensionierte Utopien beschrieben sind, die (derzeit) offenbar praktisch funktionieren.

Kalevala, 3 CDs

Ein monumentales Konzeptwerk des Progrock
    Veröffentlichungen 2003 und 2008 von Musea
    Mit einer Gesamtlänge von 238 min hört man hier das finnische Nationalepos Kalevala in 30 Titeln von 30 Bands des sogenannten progressive Rock. Dennoch wirkt alles wie aus einem Guss. Koordiniert wurde diese 2003 erstmals veröffentlichte Vertonung von der finnischen Musikzeitschrift Colossus. Digitale Tonerzeuger wie Drum-Computer waren verpönt. Stärker noch als Gruppen aus Skandinavien (10, darunter Haikara und Sinkadus) sind Italiener vertreten (13, darunter Museo Rosenbach). Herausragend gewaltig! Zwei Wermutströpfchen:
- Bei über 82 min Spielzeit auf einer der drei Scheiben steigt selbst mancher moderne CD-Player aus.
- Im 80 (!) Seiten dicken Booklet wurde nicht gerade auf bequeme Lesbarkeit geachtet. Die Informationsfülle ist natürlich vorbildlich. Aber vielleicht hätte man einige Texte als PDF ablegen sollen.

Rainbow Warrior, Autobiographie

Wie es mit Greenpeace begann
    David McTaggart 2001, Riemann Verlag München, ISBN 3-570-50004-7
    McTaggart kommt offen und glaubhaft rüber, ich lese lieber (vielleicht sogar mehrmals) eine sprachlich simpel gehaltene Biographie eines wirklich interessanten Menschen als (von Ghostwritern verfasste) Darstellungen trendiger Selbstvermarkter. Wie private Befindlichkeiten mit Weltgeschichte verflochten sind und Zufälle dabei mitspielen, das wirkt hier eher verständlich als aufdringlich.
    1972 war ein Wendepunkt im Leben David Fraser McTaggarts (1932-2001), der in British Columbia aufgewachsene Bauunternehmer und Badmintonspieler stellte seine Segelyacht Vega für Proteste gegen Atombombentests im Südpazifik zur Verfügung. 1979 gründete McTaggart mit Kollegen die "Dachmarke" Greenpeace International (einzelne Organisationen unter dem Namen Greenpeace gab es schon vorher), bis 1991 führte er den Vorsitz. Der Zufall wollte es auch, dass sein Manuskript kurz vor seinem tödlichen Unfall in Umbrien nahezu fertig war.

Songs of Greece´s Gypsies, CD

Magischer Konzertabend griechischer Zigeuner
    Veröffentlichung 1996 von FM Records
    Absolut magisches Konzert, 1996 erstmals auf Tonträger veröffentlicht. Zwölf Titel (zehn in griechischer Sprache, zwei instrumental) mit wechselnder Besetzung von insgesamt elf Spielern und fünf Sängern, die 55 Minuten sind schnell vorbei. Warmer Sound, gute Stereo-Abmischung. Selten fühle ich mich in die Atmosphäre einer Live-Aufnahme so hineingezogen wie hier, es scheint auch eher ein gemütlicher Club als eine große Bühne gewesen zu sein. Schade, dass das Booklet nur wenige Infos enthält (man erfährt nicht mal Datum und Ort).
    Über die Verwendung des Wortes Zigeuner habe ich übrigens lange nachgedacht, ich halte es für vertretbar. Man löst Spannungen kaum, indem man sie mit anderen Worten beschreibt. Wer sich seinen eigenen Standpunkt erarbeiten will, sollte die Euphemismus-Tretmühle ernst nehmen und auch mit anderen Sprachen vergleichen. In manchen Gegenden bestehen die "Sinti und Roma" sogar selbst auf der Bezeichnung Zigeuner!

Inspiration with Folklor, CD

Der Saxophon- und Flötenmagier aus Prag II
    Veröffentlichung 1991 von ARTA

    Jiří Stivín mit dem besten tschechischen Bassisten František Uhlíř, Jaroslav Šindler (g) und Josef Vejvoda (dr). 1991 aufgenommen, eine meiner Lieblings-CDs des Saxophon- und Flötenmagiers aus Prag. Ich verstehe nicht, dass kaum jemand außerhalb dessen Landes Stivín kennt. Er ist nicht nur perfekt und vielseitig auf seinen Instrumenten, sondern auch voller Lebensfreude und Humor.
    66 min Spieldauer, teilweise mitreißend freche Jazz-Bearbeitungen slowakischer Volkslieder.

Status Quo Vadis, CD

Der Saxophon- und Flötenmagier aus Prag I
    Jiří Stivín, Iva Bittová, Michal Pavlíček, Vojtěch Havel, Klaudius Kryšpín
    erste Veröffentlichung auf Vinyl 1986 von Supraphon
    Zu den besten Musikern der Welt zählt Jiří Stivín aus Prag, außerhalb seines Heimatlandes ist er allerdings kaum bekannt. Müsste ich mich unter seinen zahlreichen tollen Platten für eine entscheiden, wäre das "Status Quo Vadis" aus dem Jahre 1986. Keine für ihn typische Platte, schon wegen der vielen kreativen Partner in seiner Laufbahn kann es eine letztendlich repräsentative Platte gar nicht geben. Zudem fällt aus dem Rahmen, dass auch das längste der zehn Stücke unter sechs Minuten bleibt.
    Auf "Status Quo Vadis" reicht die Vielfalt von der Bearbeitung zweier Bach-Kanons bis zu sonst selten von ihm verwendeten Elektronikeffekten, soundprägend bleibt natürlich Stivíns virtuose Beherrschung aller möglichen Holzblasinstrumente. Zu den Begleitern zählen hier die Geigerin Iva Bittová und der Cellist Vojtech Havel, beide außerhalb Tschechiens ebenfalls sträflich unbekannt. Ein ganz persönlicher Aspekt entsteht durch einen kurzen Plapper-Gesang von Stivíns vier Kindern, von denen drei inzwischen ebenfalls als Musiker arbeiten.
    Was "Status Quo Vadis" unter anderem heraushebt, ist die Symbolkraft des zweiten Titels "An Alchemist´s Trip". Jiří verkörpert für mich tatsächlich einen experimentierfreudigen Alchemisten, der immer wieder neue Edelsteine erfindet. Ich höre, wie er mit seiner wohl schon bewurzelten Mütze (wegen seiner Glatze) durch Tschechiens Hauptstadt schlendert. Auch andere Stücke von "Status Quo Vadis" assoziieren sowohl von ihrer Bezeichnung als auch von ihrer Musik her diese Stadt, wo Karl IV. bis weit in das heutige Deutschland hinein regierte (Havelberg, Tangermünde) und Rudolf II. sich mit den besten Astronomen seiner Zeit umgab (Brahe, Kepler).
    Gern möchte ich den sympathischen Klangmagier live erleben! Überhaupt bin ich auf der Suche nach schrägen Sounds und mag es, wenn sich der Jazz Anregungen aus anderen Musikstilen holt.

Großstadtkinder, CD

Die persönlichste Scheibe des besten DDR-Perkussionisten
    bisher einzige Veröffentlichung auf Vinyl 1985 von Amiga
    Hermann Neahring war einer der vielseitigsten DDR-Musiker und blieb trotzdem weitgehend unbekannt. Der am stärksten von ihm geprägte Tonträger ist wohl die Scheibe "Großstadtkinder" (40 min) mit kreativen instrumentalen Eigenkompositionen. Er spielte auch bei einigen Veröffentlichungen des Liedermachers Gerhard Schöne. Danach wirkte er bei der erfolgreichsten DDR-Jazzplatte "Sehnsucht nach Veränderung" (50 min) mit. Inzwischen wohnt er im Osten Brandenburgs und betreibt eine private Trommelschule.

Best of Piramis, CD

Auswahl nach meinem Geschmack
    Piramis Együttes 1975-1980, Veröffentlichung 2006 von Hungaroton
    Szabadnak születtem / Ha volna két életem / Gyere közelebb / Másnap olyan hatalmas lett a világ / A dal / Őszintén akarok élni / Csak rövid idő / Elment a kedved / Emelj fel a szívedig / Kóbor angyal / Hozd el a tegnapot / Ellenfény / Ajándék / Mikor megszülettem / A becsület / Szállj fel magasra / Vágyakozás / Égni kell annak, aki gyújtani akar

    Die vielen kaum bekannte Rockmusik des "real existierenden Sozialismus" besaß vor allem in Ungarn und Polen ein hohes Niveau. Das Quintett Piramis aus Budapest gehörte dabei in der hier betrachteten Zeit von 1975 bis 1980 zu den besten Gruppen. Ihr Spektrum reichte von mitreißenden Knallern bis zu eindrucksvollen Balladen. An den Kompositionen waren alle Mitglieder beteiligt. Allgemein typisch für das damalige Ungarn gute Leistungen an einen trotzdem eher dezent abgemischten Schlagzeug.
    18 Titel, 75 min Spieldauer. Schön aufgefächerter Stereo-Klang, macht einfach Freude.

Das Zigeunerlager zieht in den Himmel, DVD

Die Steppen Bessarabiens um 1900
    Emil Loteanu 1977, Veröffentlichung 2010 von RUSICO-ZYX
    Sprachen: Englisch / Französisch / Russisch
    Untertitel: Deutsch / Englisch / Französisch / Italienisch / Russisch / Spanisch

    Dieser sowjetisch-moldawische Klassiker von 1977 war einer der einflussreichsten Filme des Realsozialismus überhaupt. Seinen Erfolg verdankte er auch der Musik. Die Darstellungsweise wirkt etwas theaterhaft und die Konflikte entsprechen natürlich nicht der jetzigen Erfahrungswelt Jugendlicher. Aber die Themen Würde, Liebe und Freiheit sind immer aktuell ...
    In der 101 Minuten langen RUSICO-ZYX-Veröffentlichung von 2010 gibt es ihn nach einigen verstümmelten Fassungen erstmals in brauchbarer Qualität auf DVD (allerdings ohne deutsche Synchronisation).
    "Sinti und Roma" sind inzwischen im Gebiet der Handlung (Bessarabien liegt größtenteils in der seit 1991 unabhängigen Republik Moldau) relativ gut in die Gesamtgesellschaft integriert und bestehen selbst auf der Bezeichnung Zigeuner! Über die Verwendung dieses Wortes habe ich lange nachgedacht, ich halte es für vertretbar. Wer sich seinen eigenen Standpunkt erarbeiten will, sollte die Euphemismus-Tretmühle ernst nehmen und auch mit anderen Sprachen vergleichen.

Ode to Venus. CD

Mit seinem größten Hit außerhalb Polens
    Czesław Niemen, Józef Skrzek, Apostolis Anthimos, Jerzy Piotrowski
    erste Veröffentlichung auf Vinyl 1973 von CBS (Studio München, Vertrieb in D und NL)
    Zwischen 1972 und 1974 produzierte der polnische Kultrocker Czesław Niemen (1939-2004, sprich Tscheswaf Njemenn, eigentlich Czesław Juliusz Wydrzycki) vier Scheiben in anderen Sprachen (drei englische mit seiner Musik, eine russische mehr auf der Basis von Folklore), um seine Bekanntheit im Ausland zu erhöhen. Wie wir wissen, nur mit mäßigem Erfolg. Vielleicht hatte die damalige polnische Regierung sogar gehofft, dass Niemen "im Westen" bleibt.
    Hier kommt die vielseitigste dieser Platten, sie dauert 40 min. Ich mag die polnische Sprache und ihr Klang passt natürlich am besten zu Niemen, aber der "Qualitätsabfall" ist nicht groß. Die anspruchsvolle "Ode to Venus" selbst ist vermutlich dasjenige Stück, welches in Hitparaden außerhalb Polens (beispielsweise bei Hans Misersky) am weitesten vorn landete. Mir gelang es allerdings nicht, dazu eindeutige Statistiken zu finden. Begleitet wurde Niemen letztmals vom  ebenfalls legendären Trio SBB, das sich 1971 gegründet hatte. Expressiver anstrengender Gesang mit Tendenzen zur Resignation über irgendwie typisch polnischen Harmonien mit hohl röhrender Elektro-Orgel, keinesfalls als sanft-seichte Berieselung geeignet. Wenn jemand sich eine einzige repräsentative Scheibe von Niemen zulegen möchte, würde ich diese (englisch, 8 Titel) oder "Enigmatic" von 1970 (polnisch, 4 Titel) empfehlen.
    Wie alles in der Musik Geschmackssache, mir gefällt´s bei passender Stimmung.

Constellation, CD

Magisch, stellenweise medidativ, absolut zeitlos
    Michał Urbaniak, Urszula Dudziak, Wojciech Karolak, Czesław Bartkowski, Adam Makowicz
    erste Veröffentlichung auf Vinyl 1973 von Muza
    Ein magisches Konzert in erstaunlich guter Tonqualität, live aufgenommen 1973 in Warschau. Das Quintett wird dominiert vom Elektro-Geiger Michał Urbaniak und der Scat-Sängerin Urszula Dudziak, die beiden waren damals 30 Jahre alt und auch privat ein Paar. Ihre beste Scheibe, vielleicht die beste polnische Jazz-Platte überhaupt.
    Fünf Titel, 42 min Spieldauer.

Bekenntnisse eines Bürgers, Erinnerungen

Das beste Buch dieses Autors
    Sándor Márai 1934, Taschenbuchausgabe beispielsweise im Piper Verlag München, ISBN 978-3-492-25311-6
    Den in Kaschau (Košice) geborenen Autor (1900-1989) kann ich mir kaum als sympathischen Gesprächspartner vorstellen. Freundschaft empfand er beispielsweise bei seinem planlos herumschweifenden Lebensstil "als Verrat, als Schwäche" (Piper-Taschenbuchausgabe Seite 309). Entsprechend wenig sagen mir seine feuilletonistischen Grübeleien zu. Und auch seine Romane kommen mir zu wenig auf den Punkt.
    Trotz mehrerer Versuche mit seiner Literatur gefiel mir bisher nur ein einziges Buch, die 1934 zunächst in ungarischer Sprache erschienenen "Bekenntnisse eines Bürgers". Márai schrieb sozusagen eine Autobiographie über das erste Drittel seines Lebens, es entstand ein feinsinniges Sittengemälde der zwanziger Jahre aus damals tonangebenden Städten Europas (Budapest, Paris, Berlin, Leipzig, ...). Zwar geht mir wie gesagt die Person des Verfassers nicht sonderlich nahe, aber Beobachtungsgabe und Formulierungskunst sind beeindruckend. Konkrete geographische Gegebenheiten bilden einen Anker, die einen Leerlauf wie in vielen seiner sonstigen Schriften unterdrücken.

Mein Sommer 1805

Klassiker des Alternativen Tourismus´
    Johann Gottfried Seume 1806, Taschenbuchausgabe beispielsweise im Insel Verlag Berlin, ISBN 978-3-458-34539-8
    Es war keine der damals üblichen Bildungsreisen junger Adliger, aber auch keine Forschungsreise wie bei Forster oder Humboldt, sondern insgesamt eher ein Vorläufer des sogenannten Alternativen Tourismus'. Anlass war wohl eine unglückliche Liebe, die den nur mit sehr begrenzten Finanzmitteln ausgestatteten Seume dazu trieb, durch ein von Kriegen zerzaustes Europa zu ziehen. Dabei stellt er Überlegungen an, die für Reisende bis heute Gültigkeit haben, und propagierte insbesondere geringe Geschwindigkeiten zum Verständnis von Ländern und Leuten. 2005 hatte ich mit dem Gedanken gespielt, seine Route rund um die Ostsee zum Jubiläum grob nachzufahren, aber andere Pflichten hielten mich leider davon ab. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, wer kommt mit?