Herbstlaub: Bücher, Polen, Slowakei, Moldova

Titel

Posen, Thorn, Bromberg
Mit Großpolen, Kujawien und Südostpommern

    Der Trescher Verlag hatte einen weißen Fleck auf seiner Landkarte der polnischen Regionen genau an einer Stelle, die ich gut kannte. Nach unserer guten Zusammenarbeit bei dem Buch über die Slowakei verzichteten wir auf einen schriftlichen Vertrag, die Vereinbarung kam per Handschlag zustande. Ziemlich schnell war klar, dass ich mich weitgehend an die Grenzen der Verwaltungsbezirke (Woiwodschaft, polnisch Województwo) Großpolen und Kujawien-Pommern halten würde. Aber wie sollte man das Produkt nennen? Großpolen und Kujawien-Pommern? Wielkopolskie und Kujawsko-pomorskie? Welcher Tourist würde sich darunter etwas vorstellen können? Das historische Herz Polens? Wäre auch nicht viel anschaulicher und klingt obendrein pathetisch. Allerdings bestand hier wirklich zur vorletzten Jahrtausendwende das erste Staatsgebilde der Polen.
    Nun stehen die drei größten Städte des betrachteten Gebietes auf dem Titel. Damit können die meisten Touristen auf den ersten Blick eine bestimmte Region verbinden. Leider spiegelt sich die ebenfalls ausführliche Beschreibung des ländlichen Raumes in dieser Zeile mit den drei Städten nicht wider. Aber dafür ist ja der Untertitel da. "Zwischen Warthe und Weichsel" wäre freilich auch ein schöner Untertitel gewesen.
    Natürlich wurde auch die hier im Menüpunkt "Venedig? Transnistrien?" erläuterte Frage diskutiert, ob die drei Titel-Städte mit ihrem polnischen oder deutschen Namen auftauchen sollen.
    Die heutigen Grenzen der 16 polnischen Bezirke entstanden bei einer Gebietsreform 1999. Ihren Ursprung hat die zunächst vielleicht irritiende Bezeichnung Großpolen in der lateinischen Verwaltungssprache des Mittelalters. Damals bezeichnete man das Gebiet rund um die erste Landeshauptstadt Gnesen als "Polonia major". Analog hieß das später angeschlossene Gebiet rund um die zweite Hauptstadt Krakau "Polonia minor". Logischer wären vielleicht die Namen Alt- beziehungsweise Neupolen gewesen. Mit einem expansiven Sammelbegriff à la Großdeutschland hat Großpolen jedenfalls nichts zu tun.
    Mein spezielles Interesse für dieses Gebiet begann damit, dass ich 1980 der netten Familie Chmielewscy in Konin begegnete und sofort von Kopernikus´ Geburtsstadt Thorn begeistert war. Erst bei den Recherchen für das Buch lernte ich auch Posen und Bromberg angemessen schätzen, die bei meinen ersten Kontakten als sozialistisch-graue Industriestädte auf mich gewirkt hatten. Aber da fand in den letzten 20 Jahren eine gewaltige Belebung statt, ich könnte mir inzwischen sogar alle drei Städte (sollte ich dort einen guten Job oder eine liebe Frau finden) als Wohnort vorstellen.